Allternative Baustoffe

VIER ALTERNATIVE BAUSTOFFE – DIE ZUKUNFT DES BAUENS?

Während sich viele Bereiche des Lebens stark wandeln, werden Immobilien meist noch wie vor 100 Jahren gebaut: mit Stahl und Beton. Dabei gibt es schon jetzt viele spannende und nachhaltigere Baustoffe, weiß Managing Director Udo Cordts-Sanzenbacher. Wir stellen hier vier davon vor.

Vier alternative Baustoffe für mehr Nachhaltigkeit

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Bauen mit Schadholz

Dass Holz ein guter und nachhaltiger Baustoff ist, hat Udo Cordts-Sanzenbacher bereits in einem Artikel und einem Podcast erörtert. Das Massivholz-Bausystem TRIQBRIQ geht aber noch einen Schritt weiter: Es nutzt das gerade an vielen Stellen verfügbare Schadholz unserer Wälder für die Errichtung von Immobilien.

Die Menge an Schadholz ist aufgrund von Insektenschäden in den vergangenen Jahren massiv angestiegen. So ermittelte das Statistische Bundesamt (Destatis), dass 2019 mit 32 Millionen Kubikmetern fast dreimal so viel Schadholz geschlagen wurde wie im Vorjahr. Dieses preisgünstige Schwach- und Schadholz nutzt die TRIQ GmbH für standardisierte handliche Module, sogenannte TRIQBRIQS, die wie Lego-Steine in zwei Größen aufeinandergestapelt und mit Holzdübeln verbunden werden. So gelingt das Bauen ohne den Einsatz von künstlichen Verbindungsmitteln. Ein Holzbaustein kann dabei nach Aussage des Unternehmens vollautomatisiert in etwa 50 Sekunden hergestellt werden. Eine Etage aus TRIQBRIQs wird somit in zwei Tagen errichtet. Der konventionelle Betonrohbau nimmt dagegen 10 bis 20 Tage in Anspruch. Außerdem ist ein mit TRIQBRIQ gebautes Haus mit der wiederverwertbaren Stahlgründung vollständig recycelbar.

Im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach soll zeitnah ein Pilotprojekt entstehen. Geplant sind dreizehn Wohnungen mit Größen zwischen 35 und 257 Quadratmetern sowie eine Gewerbeeinheit.

„Eine innovative Idee, die die Vorteile von Robotik und Holzbau miteinander verknüpft.“

Udo Cordts-Sanzenbacher
Udo Cordts-Sanzenbacher
Managing Director
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Bauen mit Hanf

„Der Einsatz natürlicher und nachwachsender Rohstoffe wird in den kommenden Jahren zunehmen. Neben Holz kann auch Hanf ein Baustoff der Zukunft werden“, erklärt Udo Cordts-Sanzenbacher. Ja, Sie haben richtig gelesen: Hanf. In Europa wird immer mehr Nutzhanf angebaut, etwa für Lebensmittel, Kosmetika oder Textilien. Dabei werden Schäben und Fasern der Pflanzen jedoch meist nicht verwendet. So nutzt unter anderem das Unternehmen Schönthaler diesen „Rest“-Hanf in Verbindung mit Kalk, um Hanfsteine zu produzieren. Dabei werden die zwei Materialien in einem Kaltluftverfahren zu einem Ziegel gepresst. Es wird eine Carbonisierung (Versteinerung) ausgelöst, sodass der Hanfstein über viele Generationen hinweg genutzt werden kann. „Darüber hinaus verfügen Hanfsteine über hervorragende thermische Eigenschaften und machen eine Dämmung überflüssig“, so Cordts-Sanzenbacher.

„Die Steine oder Ziegel aus Hanf absorbieren nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Lärm, womit ein Schallschutz gleichzeitig integriert ist.“

Für ein gesundes Wohnklima ist in einem Hanfhaus also gesorgt. Ein weiterer Vorteil ist, dass eine Hanfpflanze etwa 50-mal schneller wächst als Holz. Die Hanfsteine sind darüber hinaus komplett wiederverwertbar und entsprechen somit dem Cradle-to-Cradle-Prinzip.

In Italien, wo Schönthaler seinen Unternehmenssitz hat, ist das Bauen mit Hanfstein bereits zu einem großen Erfolg geworden, und das erste Hanfhaus hat dort 2016 einen Green-Building-Award gewonnen. Ende 2018 wurde in der Schweiz das erste Referenzgebäude mit Wänden aus Hanfstein eröffnet. Das erste Haus in Deutschland lässt – trotz der geschilderten Vorteile – noch auf sich warten.

Hören Sie jetzt rein in unseren Podcast zum Thema Cradle to Cradle:

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Bauen mit Carbonbeton

In Ostdeutschland arbeitet man an einem weiteren alternativen Baustoff, dem Carbonbeton. Dieses ist ein Verbundwerkstoff aus Beton und Kohlenstofffasern (Carbon). Die erwartete Lebensdauer des innovativen Baustoffs liegt weit über den heutigen Konstruktionen aus Stahlbeton. Ein Materialwechsel soll so einerseits eine Materialersparnis von bis zu 80 Prozent ermöglichen und reduziert andererseits den Energiebedarf und CO2-Ausstoß um bis zu 50 Prozent. Warum und wie genau, erfahren Sie im folgenden Video:

Auf einem Grundstück in Dresden entsteht bereits der sogenannte „CUBE“, das erste Carbonbeton-Gebäude der Welt. Das Leuchtturmobjekt wird vom Forschungsprojekt C³ – Carbon Concrete Composite begleitet, das vom Bundeministerium für Bildung und Forschung finanziert wird.

Das Projekt möchte mit seiner Forschung in den nächsten Jahren die Voraussetzungen dafür schaffen, dass im Neubau mindestens 20 Prozent der Stahlbewehrung durch Carbon ersetzt werden.

Der CUBE ist das Ergebnis aus fünf Jahren Forschung unter anderem der TU Dresden sowie der HTWK Leipzig. Der 220 Quadratmeter große Experimentalbau soll aufgrund der Corona-Pandemie frühestens im Frühjahr 2022 fertiggestellt werden.

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Bauen mit recyceltem Aluminium

„Auch im Bereich der Fassadenbebauung gibt es einige innovative Ansätze, die für mehr Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche sorgen könnten“, so Udo Cordts-Sanzenbacher. So wird zurzeit die Fassade für den 106 Meter hohen Senckenberg-Turm in Frankfurt aus 95 Prozent recyceltem Aluminium errichtet.

Kaum ein anderes Material reicht an die Lebensdauer von Aluminium heran. Außerdem ist es korrosionsbeständig und kann beliebig oft recycelt werden. So sind 75 Prozent alles jemals erzeugten Aluminiums immer noch im Einsatz.

Senckenberg-Turm

Egal, was recycelt wird, alte Fenster, Räder oder Getränkedosen, es wird nur 5 Prozent der Energie benötigt, die zur Herstellung von Primär-Aluminium zum Einsatz käme. Diese Eigenschaft hat sich das norwegische Unternehmen Hydro zu Nutze gemacht und Recycling-Aluminium bei der Gestaltung der Fassade des Büroturms eingesetzt. Das Besondere: Während für die Herstellung von einem Kilogramm Aluminium in Europa durchschnittlich rund 8,6 kg CO2 ausgestoßen werden, sind es bei dem Produkt Hydro CIRCAL 75R nur 2,3 kg CO2 pro 1 kg Aluminium. Das schlägt sich auch beim gesamten CO2-Fußabdruck des Projekts nieder: Hier werden 2.600 Tonnen CO2 eingespart.

Die Fassadenmontage unter Verwendung des wiederverwerteten Aluminiums hat Ende 2020 begonnen und wird in diesem Sommer abgeschlossen sein. Der Senckenbergturm wird nach Fertigstellung das höchste Gebäude in Deutschland sein, das mit nachhaltigem Aluminium gebaut wurde.

Der Gebäudebereich ist (noch) für mehr als ein Viertel aller CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Udo Cordts-Sanzenbacher ist überzeugt: „Die hier vorgestellten innovativen Baumaterialien bieten ein enormes CO2-Einsparpotenzial und berücksichtigen zum Teil durch ihre komplette Wiederverwertbarkeit sogar das Cradle-to-Cradle-Prinzip. Auf diese Weise leisten sie – im Zusammenspiel mit weiteren zukunftsweisenden Technologien und nachhaltigen Materialien – einen wichtigen Beitrag zur Transformation des Bausektors und damit zum Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens.“