Flächenumsatz erwartungsgemäß gut ein Drittel unter Vorjahreswert

Büromarkt Deutschland

Im den ersten drei Quartalen 2020 wurden an den acht deutschen Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München knapp 2 Mio. m² Bürofläche umgesetzt. Damit wurde das außergewöhnlich gute Vorjahresergebnis um 36 % verfehlt. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

•    Mit rund 2 Mio. m² Flächenumsatz erwartungsgemäß starker Rückgang gegenüber 2019 (-36 %)
•    Alle Standorte verzeichnen geringere Flächenumsätze
•    Leerstand auch nach Lockdown und schwächerer Nachfrage nur moderat gestiegen
•    Leerstandsquote im Schnitt weiterhin nur bei 4,2 %
•    Sowohl Spitzen- als auch Durchschnittsmieten stabil

„Auf den deutschen Büromärkten hinterlassen die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Lockdowns erwartungsgemäß auch im dritten Quartal noch ihre Spuren. Zwar konnte von Juli bis September mit 644.000 m² eine Umsatzsteigerung von 16 % gegenüber dem zweiten Quartal, in dem der Lockdown lag, registriert werden, das Gesamtergebnis der ersten drei Quartale fällt mit fast 2 Mio. m² allerdings knapp 36 % niedriger aus als 2019“, erläutert Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland „Vor dem Hintergrund des fast zweistelligen BIP-Rückgangs im zweiten Quartal und der schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen war eine weiterhin sehr verhaltene Nachfrage aber zu erwarten. Bei der Einordnung des Ergebnisses sind zwei Aspekte zu berücksichtigen,  zum einen die Tatsache, dass 2019 ein Rekordjahr war. Zieht man den zehnjährigen Schnitt heran, liegt der Flächenumsatz um ‚nur‘ noch 21 % niedriger. Zum anderen zeigt ein Vergleich mit der Finanzkrise, dass auch 2009 ein Rückgang des Umsatzes um fast 30 % verzeichnet wurde. Vor dem Hintergrund, dass in weiten Teilen des zweiten Quartals ganze Bereiche der Wirtschaft mehr oder weniger sogar stillstanden, sind die krisenbedingten Rückgänge der Flächenumsätze 2009 und 2020 durchaus vergleichbar. Allerdings trifft diese Entwicklung aktuell auf ein deutlich geringeres Angebot als zu Zeiten der Finanzkrise, sodass sich sowohl die Leerstandssituation als auch die Mietpreisentwicklung komplett anders darstellen als in der letzten Krise.“.

Alle Städte mit spürbaren Umsatzrückgängen

Den negativen Folgen der schwachen Konjunktur und des Lockdowns konnte sich keine Stadt entziehen, sodass alle Standorte deutlich geringere Flächenumsätze aufweisen. Um den Spitzenplatz lieferten sich Berlin und München erneut ein spannendes Duell, das die Hauptstadt mit einem Umsatz von 482.000 m² (-34 %) knapp für sich entschied. Auch wenn der Rückgang deutlich ausfällt, liegt das Resultat nur unwesentlich unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Die bayerische Landeshauptstadt folgt mit 460.000 m² auf Platz zwei und verzeichnet mit -26 % den geringsten Verlust der großen Metropolen. Die Ränge drei und vier belegen Frankfurt mit 241.000 m² (-39 %) und Hamburg mit 231.000 m² (-44 %). Der starke Rückgang in der Hansestadt resultiert nicht zuletzt aus der Tatsache, dass bislang noch kein einziger Abschluss über 10.000 m² erfasst werden konnte. Vergleichbare Einbußen musste Düsseldorf hinnehmen, wo ein Ergebnis von 225.000 m² (-45 %) registriert wurde. Etwas moderater verlief die Entwicklung in Köln, wo 148.000 m² einer Umsatzreduzierung von einem Drittel entsprechen. Am deutlichsten verloren hat Essen, wo lediglich 66.000 m² (-53 %) umgesetzt wurden. Vergleichbar zu Hamburg ist hierfür vor allem das Fehlen von Großabschlüssen verantwortlich. Am besten geschlagen hat sich dagegen Leipzig mit 89.000 m², wo der Flächenumsatz nur knapp 18 % hinter dem Vorjahreswert zurückbleibt. Gleichzeitig ist Leipzig der einzige Standort, der seinen zehnjährigen Durchschnittsumsatz sogar um 10 % übertreffen konnte.

Leerstandsquote im Schnitt nach wie vor bei lediglich 4,2 %

Dass sich die Angebots- und Nachfrage-Relation aktuell viel ausgeglichener darstellt als in früheren Krisen, zeigt sich daran, dass die durchschnittliche Leerstandsquote über alle Standorte Ende Q3 weiterhin lediglich bei 4,2 % liegt. Selbst nach den sehr schwachen Flächenumsätzen in Q2 und Q3 liegt sie nur 30 Basispunkte höher als Ende vergangenen Jahres. Auch absolut betrachtet haben die Leerstände in den letzten 12 Monaten lediglich um gut 6 % zugenommen und bewegen sich damit auf einem vergleichbaren Niveau wie 2018. Die mit Abstand niedrigste Leerstandsrate weist nach wie vor Berlin mit 2,1 % auf, auch wenn der Leerstand absolut betrachtet seit dem Jahreswechsel um rund 120.000 m² zugenommen hat. Verantwortlich hierfür sind einerseits Baufertigstellungen, bei denen noch nicht alle Flächen vermietet sind, andererseits ältere Bestandsflächen, die bei Umzügen in Neubauflächen freigezogen wurden. Aber auch die Leerstandsquoten in München (2,7 %), Essen (3,2 %), Köln (3,5 %) und Hamburg (3,9 %) liegen weiterhin teilweise deutlich unter der 4 %-Marke. Im CBD der bayerischen Landeshauptstadt werden sogar nur 0,9 % verzeichnet. Auch in Leipzig beläuft sich der Wert auf nur 5 %. Etwas höhere Quoten sind dagegen in Frankfurt (7,4 %) und Düsseldorf (8,2 %) zu notieren. Hier zeigt sich aber eine ähnliche Situation wie in München: In den bei den Mietern besonders begehrten CBD-Lagen liegt die Leerstandsrate in Frankfurt ebenfalls bei nur 4,5 % und in Düsseldorf bei 5,1 %.

„Berücksichtigt man weiterhin, dass auch die Bautätigkeit im historischen Vergleich keine Rekordwerte aufweist und sich der Baubeginn bei dem einen oder anderen Projekt aufgrund der aktuellen Situation verzögern wird, ist auch in den nächsten Quartalen keine drastische Ausweitung des Flächenangebots und der Leerstände zu erwarten. Dies gilt selbst dann, wenn die Flächenumsätze im Jahr 2021 noch unterdurchschnittlich ausfallen sollten“, analysiert Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland.

Mietpreisniveaus stabil

Aufgrund der skizzierten Angebots-/Nachfrage-Relation führen die Corona-bedingt aktuell schwächeren Flächenumsätze erwartungsgemäß noch nicht zu sinkenden Mietpreisniveaus. Nachdem die Spitzenmieten im ersten Quartal, also vor Beginn der Pandemie, in einigen Städten noch angezogen hatten, zeigen sie sich seitdem an allen Standorten stabil. Verantwortlich hierfür ist auch die Tatsache, dass in mehreren Städten die besonders gesuchten modernen Flächen in zentralen Lagen weiterhin Mangelware sind. Die höchste Spitzenmiete wird weiterhin mit 47 €/m² in Frankfurt notiert, gefolgt von Berlin mit 40 €/m² und München mit 39,50 €/m². Auch in Hamburg wurde mit aktuell 32,00 €/m² mittlerweile die 30-€/m²-Marke überschritten. Nicht mehr weit entfernt davon ist auch Düsseldorf, wo aktuell 28,50 €/m² anzusetzen sind. In Köln liegt die Höchstmiete unverändert bei 26 €/m², und auch die B-Standorte Essen (16,40 €/m²) und Leipzig (16 €/m²) haben in den letzten zwei Jahren eine dynamische Entwicklung vollzogen. Analog zu den Spitzenmieten sind auch bei den Durchschnittsmieten noch keine signifikanten Veränderungen zu beobachten. Leichte Schwankungen sowohl nach oben als auch nach unten resultieren in erster Linie aus der sich von Quartal zur Quartal etwas ändernden Zusammensetzung des zur Verfügung stehenden Flächenangebots, sodass mal etwas mehr Neubau- und mal etwas mehr Bestandsflächen angemietet werden. Diese normale Volatilität fällt gerade in Zeiten mit niedrigen Flächenumsätzen häufig überproportional aus, da einzelne Großabschlüsse stärker ins Gewicht fallen.
 
Perspektiven

Die weitere Entwicklung der deutschen Büromärkte wird in starkem Maße vom Fortgang der Corona-Pandemie bestimmt werden. Da noch nicht absehbar ist, wie sich das Infektionsgeschehen in den Herbst- und Wintermonaten entwickeln wird und inwieweit temporäre oder lokale Maßnahmen Einfluss auf die sich abzeichnende Konjunkturerholung haben könnten, wird die Nachfrageseite weiterhin mit großen Unsicherheiten konfrontiert. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass auch das vierte Quartal durch schwache und unterdurchschnittliche Flächenumsätze gekennzeichnet sein wird. Da sich dies aufgrund des Konjunktureinbruchs aber schon länger abzeichnet, sind die Marktteilnehmer darauf eingestellt, sodass ein schwaches viertes Quartal keine unerwartete Überraschung darstellt. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wie es 2021 weitergeht. Unter der Voraussetzung, dass ein weiterer Lockdown vermieden werden kann und bis Ende 2020 die Verfügbarkeit eines Impfstoffs absehbar ist, dürfte eine schnelle und kontinuierliche Erholung der Wirtschaft einsetzen. Gleichzeitig besteht in diesem Szenario die realistische Chance einer signifikanten Stimmungsaufhellung. „Beide Faktoren werden sich positiv in der Nachfrage nach Büroflächen niederschlagen, sodass mit wieder steigenden Flächenumsätzen zu rechnen ist. Auch wenn 2021 möglicherweise im langjährigen Vergleich noch etwas unterdurchschnittliche Umsätze zu erwarten sind, haben die Erfahrungen nach der Finanzkrise gezeigt, dass die Büromärkte bei dynamischer Konjunkturentwicklung schnell wieder an den vor einer Krise vorhandenen Aufwärtstrend anknüpfen können“, ist sich Marcus Zorn sicher.

„Selbstverständlich werden die Leerstände aufgrund der rückläufigen Nachfrage und gleichzeitigen Fertigstellung umfangreicher Neubauflächen steigen. Aufgrund des sehr niedrigen Ausgangsniveaus werden sie aber auch im Verlauf des Jahres 2021 keine Größenordnung erreichen, die zu problematischen Ungleichgewichten auf den Märkten führen wird. Sowohl im historischen als auch internationalen Vergleich erwarten wir aus heutiger Sicht und bei dem unterstellten Szenario maximal durchschnittliche Leerstandsquoten. Vor diesem Hintergrund sind auch kurzfristig keine spürbaren Mietpreisrückgänge absehbar. Nicht auszuschließen ist aber, dass Eigentümer in etwas größerem Umfang versuchen werden, der schwächeren Nachfrage mit einer Ausweitung von Incentives zu begegnen“, fasst Bienkowski die Aussichten zusammen.