Retail-Investments bleiben im Investorenfokus: höchster Umsatzanstieg unter den Objektarten
Das Transaktionsvolumen auf dem europäischen Gewerbe-Investmentmarkt hat sich seit Jahresbeginn kontinuierlich stabilisiert und konnte in der Betrachtung der vergangenen 12 Monate einen Anstieg um rund 17 % verbuchen. Retail-Investments waren daran mit rund 38,2 Mrd. € beteiligt und haben mit einem Plus von 26 % überdurchschnittlich zugelegt. Dies entspricht im Assetklassenvergleich sogar dem höchsten Umsatzzuwachs. Hotels verzeichneten ein Umsatzplus von 15 %, in Büros wurde 13 % mehr investiert, und Logistikimmobilien gaben leicht um 7 % nach. Damit rangieren Retail-Investments auf dem dritten Platz und kommen mit 23 % des Gesamtumsatzes auf einen guten Marktanteil an den europaweiten Investmentaktivitäten. Im Vergleich dazu wurde im Jahr 2021 zum Ende der Coronakrise mit anteilig 16 % der Tiefstwert erreicht. Mit dem jüngsten Ergebnis liegt der Einzelhandelssektor nur knapp hinter den Office-Investments (anteilig 26 %) und den Logistikobjekten (anteilig 24 %). Hotels generierten weitere rund 13 %, was gegenüber den 8 % in der Analyse der vergangenen zehn Jahre einen überdurchschnittlichen Beitrag darstellt.
Auch wenn die drei Top-Märkte Großbritannien (10,5 Mrd. €), Deutschland (5,6 Mrd. €) und Frankreich (3,1 Mrd. €) aktuell wie auch traditionell den Großteil des Retail-Investmentvolumens ausmachen, ist ihr Anteil leicht von 80 % im langjährigen Vergleich auf 73 % (18,9 Mrd. €) gesunken. Hierdurch hat Italien mit ebenfalls rund 3 Mrd. € und einem Umsatzplus von 24 % zu Frankreich aufgeschlossen. Weitere positive Resultate konnten auch Spanien (2,5 Mrd. €) und Polen (1,4 Mrd. €) vermelden, die ihre jeweilige Bilanz um 37 % beziehungsweise 124 % ausgebaut haben.
Neue Treiber 2025: Highstreet-Objekte geben nach, Shoppingcenter und Fachmärkte mit Plus
Die hinter dem europaweiten Gesamtergebnis verborgenen Trends stellen sich in den verschiedenen Segmenten des Retail-Sektors ganz unterschiedlich dar: So sind Highstreet-Investments um 18 % gesunken, was nicht zuletzt auf den im Jahr 2024 finalisierten Großdeal im Luxus-Segment der italienischen Modehauptstadt Mailand zurückzuführen ist (Via Monte Napoleone 8) sowie auf den KaDeWe-Deal in Berlin. Dieser hatte das Vorjahresergebnis entscheidend in die Höhe getrieben. Gleichzeitig hat sich das Marktsentiment in den vergangenen 12 Monaten in der Shoppingcenter-Sparte deutlich verbessert. Insgesamt konnten Shoppingcenter in Europa seit dem dritten Quartal 2024 rund 8 Mrd. € generieren, was einem Anstieg um beachtliche 53 % entspricht. Zurückzuführen ist das erfreuliche Resultat auf gleich mehrere größere Deals sowie ein Portfolio aus drei Centern in Italien für rund 410 Mio. € und das Oriocenter am Flughafen Bergamo in der Lombardei. Zu den Transaktionen im dreistelligen Millionensegment gehörte darüber hinaus auch das Brent Cross-Shoppingcenter in London und die GropiusPassagen in der Bundeshauptstadt.
Nach wie vor als gut zu bewerten sind zudem die Nachfrageimpulse im Fachmarktsektor, der mit rund 10,5 Mrd. € gut 13 % mehr Umsatz beigesteuert hat als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Wichtige Faktoren, die in diese Assetklasse hineinspielen, sind neben der Krisenresilienz unter anderem die breite Range an Investitionsmöglichkeiten in ganz unterschiedlichen Preissegmenten und Produktkategorien – sowohl bei den Einzel- als auch bei den Portfolio-Investments. In Deutschland wurden in den vergangenen 12 Monaten rund 5,6 Mrd. € in dieser Sparte investiert.
Attraktive Risikoprämien bei Shoppingcenter- und Fachmarkttransaktionen
„Europa weist aktuell vor allem im Shoppingcenter- und Fachmarktsektor sehr attraktive Netto-Spitzenrenditen auf und bietet Investoren damit im Vergleich zu anderen gewerblichen Assetklassen die besten Risikoprämien“, erläutert Patrick Delcol, Head of European Coverage, Retail, Logistics and Hospitality von BNP Paribas Real Estate. Im 12-Monatsvergleich sind die Spitzenrenditen für Fachmärkte beziehungsweise Fachmarktzentren in Deutschland (-10 Basispunkte) und Großbritannien (-25 Basispunkte) sowie für britische Premium-Shoppingcenter (-50 Basispunkte) somit im Zuge der positiven Marktentwicklung spürbar gesunken.
Aber auch bei den Preisen im Highstreet-Segment waren in einigen Metropolen Rückgänge über die vergangenen 12 Monate zu verzeichnen: Hierzu zählen Madrid (-20 Basispunkte), Mailand (-20 Basispunkte), London (-25 Basispunkte) und Paris (-25 Basispunkte). In erster Linie in Paris spielen Highstreet-Investments und hier vor allem Transaktionen im Luxus-Sektor eine übergeordnete Rolle. Insgesamt gingen mehr als die Hälfte aller registrierten Retail-Deals in der französischen Hauptstadt auf das Konto von Verkäufen in innerstädtischen A-Lagen. Somit ist und bleibt Frankreich beziehungsweise Paris in dieser Sparte der dynamischste europäische Markt. Bezogen auf die Preisentwicklungen in Deutschland haben sich die Seitwärtsbewegungen fortgesetzt.
Vielversprechende Zukunftsaussichten auch für den stationären Einzelhandelsmarkt
„Der positive konjunkturelle Ausblick, die sich seit Juni stabilisierenden Zinsen der Europäischen Zentralbank und der Aufschwung in China dürften dazu beitragen, dass der Retail-Sektor in Europa weiter an Fahrt aufnimmt“, fasst Patrick Delcol seine Prognosen mit Blick auf die kommenden Monate zusammen. Gute Impulse für den Einzelhandel kommen hierbei insbesondere auch aus dem Tourismussektor: Laut der Zahlen der Welttourismusorganisation sind die internationalen Ankünfte in den vergangenen 12 Monaten in Europa um 4,6 % gestiegen. Dies wirkt sich nicht zuletzt stimulierend auf die Passantenfrequenzen aus, die in vielen europäischen Metropolen inzwischen sogar wieder die Vor-Corona-Werte aus dem Jahr 2019 übersteigen.
Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass für asiatische und hier in erster Linie chinesische Gästeankünfte ein Rückgang zu verzeichnen ist. Des Weiteren ist die Kauflaune bei amerikanischen Touristen durch die gestiegenen Preise in den USA und den vergleichsweise schwachen Dollarkurs aktuell als durchwachsen zu beschreiben. Alles in allem hat sich das Konsumentenvertrauen über die vergangenen sechs Monate allerdings stabilisiert, während sich die Verbraucherstimmung hinsichtlich der zukünftigen Einkommenserwartung sogar etwas verbessern konnte. Darüber hinaus haben die Einzelhandelsumsätze laut Eurostat im August um 1,1 % angezogen. So bleiben die unterschiedlichen geopolitischen Risikoherde und die Konjunkturentwicklungen der einzelnen Länder in der Gesamtschau der skizzierten Rahmenbedingungen zwar weiterhin zu berücksichtigen, insgesamt überwiegen aktuell jedoch die positiven Einflussfaktoren.
Auf den Shoppingmeilen der europäischen Top-Städte spiegelt sich der anhaltende Aufwärtstrend insbesondere in einem Segment wider: „Die Spitzenmieten in Luxus-Einkaufsstraßen europäischer Metropolen sind im Vorjahresvergleich durchschnittlich um 9 % gestiegen. Dies unterstreicht die hohe Nachfrage für die absoluten Prime-Standorte beziehungsweise -Objekte und die Bereitschaft, hierfür teils sehr hohe Mietpreise in Kauf zu nehmen. Die Luxus-Sparte befindet sich nach wie vor im Aufwind und wird gestärkt durch internationale Touristen, die das Prestige und die globale Strahlkraft europäischer Luxus-Marken zu schätzen wissen“, betont Patrick Delcol.
Das Feld der europäischen Top-Einkaufsstraßen führt unverändert die Londoner Bond Street mit einer Spitzenmiete von über 36.736 €/m²/Jahr an (+16 % in den vergangenen 12 Monaten). Die kürzlich erfolgte Eröffnung des neuen Flagship-Stores für die italienische Vorzeigebrand Miu Miu zeigt in diesem Zusammenhang, dass die Top-Marken nicht nur in bestimmten Lagen vertreten sein wollen, sondern speziell die absoluten Premiumstandorte anvisieren. Unter Aufwärtsdruck stehen die Spitzenmieten auch in Italien, wo sich die mailändische Via Monte Napoleone in der Spitze um 13 % (15.500 €/m²/Jahr) und die Via dei Condotti in Rom um 17 % (14.000 €/m²/Jahr) gegenüber Q3 2024 verteuert hat. Als weitere Städte mit Mietpreisanstiegen sind zudem Wien (5.040 €/m²/Jahr), Lissabon (1.320 €/m²/Jahr), Warschau (930 €/m²/Jahr) und Bukarest (840 €/m²/Jahr) zu nennen, während sich in Paris das Mietpreislevel im Spitzensegment zunächst auf dem hohen Niveau von 14.000 €/m²/Jahr (in der Avenue Montaigne) stabilisiert hat. Die Top-Luxusmeilen der deutschen Shoppingmetropolen München (Maximilianstraße; rund 3.720 €/m²/Jahr), Frankfurt (Goethestraße; rund 3.480 €/m²/Jahr), Düsseldorf (Königsallee; rund 3.360 €/m²/Jahr) und Hamburg (Neuer Wall; rund 2.880 €/m²/Jahr) ordnen sich im Vergleich hierzu bei Spitzenwerten zwischen 2.880 und 3.720 €/m²/Jahr ein.