Social & Governance ESG

S & G IN ESG – DIE VERANTWORTUNG DER UNTERNEHMEN

Für das E in ESG haben wir bereits einige Beispiele im Verlauf des Magazins aufgezeigt. Last but not least wollen wir uns aber auch den beiden anderen Buchstaben widmen: Social und Governance. Dazu haben wir mit Eva Meyer, Head of Company Engagement der BNP Paribas Group, und Claus P. Thomas, CEO von BNP Paribas REIM Germany, gesprochen.

Frau Meyer, wofür steht das S in ESG, können Sie uns das in wenigen Sätzen erklären?

[Eva Meyer: Der Aspekt „Social“ gewinnt im allgemeinen Verantwortungsspektrum von Unternehmen zunehmend an Bedeutung und rückt auch immer mehr in den Fokus von Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit. Social deckt eine breite Palette an Themen ab: von Kundenfreundlichkeit und der Qualität von Produkten und Dienstleistungen über Arbeitsbedingungen und Gesundheitsförderung der Mitarbeitenden bis hin zur Achtung von Menschenrechten, einem fairen Umgang mit Lieferanten und der Sicherstellung von Lieferketten, in denen niemand ausgebeutet wird. Gerade jüngere Menschen legen Wert darauf, dass Unternehmen bei nachhaltigen und sozialen Themen engagiert sind und berücksichtigen dies sowohl bei ihren Kaufentscheidungen als auch bei der Wahl des Arbeitgebers.]

Was können Unternehmen tun, um ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden? Haben Sie 3 Tipps für uns?

[Eva Meyer: Die Grundlage ist der richtige Umgang mit den Mitarbeitenden und der Aufbau einer guten und fairen Unternehmenskultur. Dazu gehören unter anderem eine angemessene Bezahlung, gute Entwicklungs- und Karrierechancen, ein anspruchsvolles Gesundheitsmanagement sowie eine Atmosphäre, in der man einander zuhört und jeder seine Ideen einbringen kann. Dies trägt auch dazu bei, dass der soziale Aspekt noch stärker in die Produkte und Dienstleistungen integriert wird.

Zweitens sollten Unternehmen ihre Wertschöpfungs- und Lieferketten unter die Lupe nehmen und sicherstellen, dass von der Förderung der Ressourcen über den Produktionsprozess bis hin zum Umgang mit den Lieferanten alle Beteiligten profitieren und niemand benachteiligt oder gar ausgebeutet wird. Das ist der größte Hebel, den Unternehmen besitzen, um ihre soziale Verantwortung zu leben.

Und drittens geben Unternehmen der Gesellschaft auch etwas zurück. Zum Beispiel durch Spenden und die Förderung von gemeinnützigen Organisationen, aber auch durch Corporate-Volunteering-Programme, bei denen sich die Mitarbeitenden für die Gesellschaft engagieren können.]

Herr Thomas, können Sie das auch auf die Immobilienbranche übertragen? Wann ist eine Projektentwicklung zum Beispiel nicht nur umwelt-, sondern auch sozialfreundlich?

[Claus P. Thomas: Die soziale Komponente der ESG-Kriterien betrifft vor allem die Mieter:innen und Nutzer:innen der Gebäude, reicht aber auch darüber hinaus. In der Regel geht es dabei darum, die Lebensqualität in den Gebäuden zu steigern oder aber gesellschaftliche Sozialstandards zu fördern.

Ein möglicher Schwerpunkt kann so zum Beispiel ein hoher Grad an Barrierefreiheit für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sein. Darüber hinaus wird dem Wohlbefinden und dem Komfort der Mieter:innen ein hoher Stellenwert eingeräumt. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise eine hohe Luftqualität oder speziell dafür eingerichtete Rückzugsorte in Büroimmobilien passende Maßnahmen.

Gleichzeitig wird die gesellschaftliche Perspektive unter anderem durch die Auswahl der Nutzer:innen und Mieter:innen beeinflusst. So können zum Beispiel Waffenhersteller oder Tabakproduzenten als Mieter ausgeschlossen werden. Gerade im Bereich der Wohnimmobilien werden darüber hinaus alle Maßnahmen, die zu einer integrativen Gesellschaft beitragen, als soziale Aspekte gesehen. Sei es, über einen Sozialwohnungsanteil verschiedene Einkommensschichten zueinander zu bringen oder mit generationenübergreifender Planung die Nachbarschaft verschiedener Altersgruppen zu fördern.]

Die soziale Komponente der ESG-Kriterien betrifft vor allem Mieter und Nutzer, reicht aber auch darüber hinaus.

Claus P. Thomas
Claus P. Thomas
CEO, BNP Paribas Real Estate Investment Management

Gibt es ein Best-Practice, welches das S in ESG noch deutlicher machen kann?

[Claus P. Thomas: Ein klassisches Beispiel für ein gelungenes, sozial-fokussiertes Immobilien-Projekt ist „Die Borstei“ in München. Das vor 100 Jahren entstandene Wohnviertel zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, bei allen Entscheidungen die Mieter und Nutzer vorrangig im Blick zu behalten. Statt den vorhandenen Platz so effizient wie möglich mit engen Mietskasernen zu bebauen und so Profite zu maximieren, war die Philosophie davon geprägt, die Gesundheit und das Wohlbefinden der dort lebenden Menschen zu fördern.

Dank sorgfältig ausgewählter Baumaterialien und einer natürlichen Bauweise sind die Gebäude ansprechend und bieten eine hohe Nutzungsqualität. Platz für Gärten als Begegnungsstätte und Ruheorte wurden von Beginn an eingeplant, und auch eine Vielzahl von Kunstwerken finden hier Raum. Vom Vermieter ins Leben gerufene gemeinsame Feste für die Anwohner:innen, Geschäfte mit Dienstleistungen für den täglichen Bedarf und eine gesicherte ärztliche Versorgung sowie soziale Betreuung machen das Wohnviertel zu einer begehrten Nachbarschaft für verschiedenste Mieter:innengruppen. Dies sind Aspekte, die heute bei Quartiersentwicklungen, in denen Immobilienprojekte verschiedene Nutzungsarten kombinieren, wieder hochaktuell sind.]

Nur Unternehmen mit einer guten Governance können nachhaltig – auch im Sinne der Gesellschaft und der Umwelt – agieren.

Eva Meyer
Eva Meyer
Head of Company Engagement, BNP Paribas

Zum Schluss vielleicht auch gerne eine Definition vom G in ESG. Was bedeutet das für Sie, Frau Meyer, und welche Beispiele gibt es hier?

[Eva Meyer: Nur Unternehmen mit einer guten Governance können nachhaltig – auch im Sinne der Gesellschaft und der Umwelt – agieren. Wie ist das Unternehmen organisiert, und sind die Verantwortlichkeiten klar geregelt? Wie divers ist die Unternehmensleitung zusammengesetzt? Wie sind die Befolgung der Gesetze und die Einhaltung von Integrität und ethischem Verhalten sichergestellt? Funktionieren Risikomanagement und Kontrollmechanismen? Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigt sich, wenn die Governance in manchen Unternehmen versagt – wie beispielsweise in der Finanzkrise 2007/08. Eine gute Unternehmensführung trägt entscheidend dazu bei, dass solche Krisen erst gar nicht entstehen.]

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Dieser Artikel ist Teil des CHANGE Magazins 04

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