Verhaltenes Startquartal auf dem Retail-Investmentmarkt

Retailmarkt Deutschland 2020

Der weiter andauernde Lockdown und die nach wie vor bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Beschränkungsmaßnahmen für den stationären Einzelhandel haben sich deutlich auf das Retail-Investmentgeschehen in den ersten drei Monaten ausgewirkt: Mit einem Transaktionsvolumen von knapp 1,5 Mrd. € liegt das Gesamtergebnis gut 69 % unter dem Resultat aus dem vergleichbaren Vorjahreszeitrum und fast 41 % unterhalb des langjährigen Durchschnittswertes. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.

„Dass in den letzten zehn Jahren im ersten Quartal insgesamt fünfmal die 2 Milliarden €-Marke verfehlt wurde, kann dabei zwar nicht über das niedrige Volumen hinwegtäuschen, trägt jedoch zur Relativierung des Ergebnisses bei. Der entscheidendste Unterschied zum Vorjahr spielte sich insgesamt im Portfoliosegment ab: Während Paketverkäufe 2020 insbesondere durch Übernahmen und Beteiligungen beachtliche 3,3 Mrd. € und anteilig 69 % zum Gesamtresultat beisteuern konnten, waren es 2021 lediglich 439 Mio. € bzw. ein Anteil von 29 %. Dementsprechend gestiegen ist der Anteil von Einzeldeals (anteilig 71 %), die auf einen Beitrag von gut einer Milliarde Euro kommen, womit sie sich jedoch ebenfalls fast 28 % unter dem langjährigen Schnitt einordnen müssen“, erläutert Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.

A-Städte: Nur ein Drittel des Vorjahresumsatzes

Der verhaltene Jahresstart hängt unter anderem mit einem sehr niedrigen Volumen der A-Standorte (353 Mio. €) zusammen, dass im Vorjahr noch rund dreimal so hoch ausfiel. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass abgesehen von Köln, wo in den ersten drei Monaten des Vorjahres keine umfangreicheren Retail-Investments registriert werden konnten, alle Top-Märkte teils deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Dies hat sich auch auf die Positionierungen im Städte-Ranking ausgewirkt, welches Hamburg in der Zwischenbilanz mit 128 Mio. € anführt. Über 50 Mio. € flossen zudem in Düsseldorf (86 Mio. €) und Berlin (55 Mio. €), während in Köln (47 Mio. €), München (22 Mio. €) und Frankfurt (15 Mio. €) bisher nur vereinzelte kleinere Einzelhandelsobjekte den Eigentümer gewechselt haben. 

Fokus im Retail-Segment weiter auf Fachmärkten

Auch wenn die Fachmarktsparte nicht an das außergewöhnlich hohe und durch Übernahmen befeuerte Rekordergebnis aus dem Vorjahr anknüpfen konnte, steht sie mit einem Umsatz von 868 Mio. Euro (anteilig 58 %) dennoch ganz oben auf der Liste von Investoren im Einzelhandelssegment. Im Fokus standen jedoch zudem auch Geschäftshäuser, die auf 22 % kommen und insbesondere im Segment bis 25 Mio. € sowohl in A-, aber auch in kleineren Städten veräußert wurden. Darüber hinaus generierten Kaufhäuser 15 % und Shoppingcenter 5 % des Volumens.

Die Verteilung des Investmentvolumens auf die unterschiedlichen Käufergruppen wurde im ersten Quartal klar von den Spezialfonds dominiert, die für gut 32 % des Gesamtergebnisses verantwortlich zeichnen. Hierbei konnten sie ihren Umsatz im Vorjahresvergleich um 22 % auf 483 Mio. € ausbauen. Die Investitionsschwerpunkte lagen in diesem Zusammenhang insbesondere auf Fachmarktobjekten, wobei vor allem auch im Portfoliosegment der klare Fokus auf die Lebensmittelsparte zu erkennen ist. Mit deutlichem Abstand auf dem zweiten Platz folgen Investment/Asset Manager, die auf knapp 14 % kommen. Einen zweistelligen Umsatzanteil erreichen zudem Equity/Real Estate Funds, die mit weiteren gut 10 % beteiligt sind. Größere Volumina investierten u. a. noch Versicherungen (rund 8 %), Projektentwickler (gut 8 %) sowie Family Offices (etwa 6 %). Leicht unterdurchschnittlich stellt sich im Vergleich zum gesamten Gewerbeimmobilienmarkt der Anteil internationaler Käufer dar (knapp 28 %).  

Bezogen auf die verschiedenen A-Standorte wurden bei den wenigen im ersten Quartal abgeschlossenen Verkäufen von Core-Objekten im Highstreet-Segment weitestgehend vergleichbare Renditen wie zum Jahresende 2020 erzielt. Vor diesem Hintergrund liegen bei den Spitzenrenditen für Geschäftshäuser in den absoluten Top-Lagen Berlin und München weiterhin gleichauf (jeweils 2,80 %), vor Hamburg (3,00 %), Frankfurt (3,10 %), Düsseldorf (3,20 %), Stuttgart (3,20 %) und Köln (3,30 %). Differenziert nach Objektarten zeichnen sich gegensätzliche Entwicklungen ab: Bei gut funktionierenden und verkehrsgünstig angeschlossenen Fachmarktzentren (3,90 %) sowie einzelnen Fachmärkten (4,70 %) sind die Spitzenrenditen im ersten Quartal um jeweils 10 Basispunkte gesunken. Damit sind Fachmarktzentren aktuell in der Spitze teurer als Shoppingcenter, die bei 4,70 % notieren.

Perspektiven

„Der Lockdown, eine fehlende Perspektive für Wiedereröffnungsszenarien in den Einkaufsstraßen sowie hohe Inzidenzwerte skizzieren nur einen Teil der schwierigen Rahmenbedingungen, denen sich der Einzelhandelsmarkt im ersten Quartal ausgesetzt sah. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass auch die Marktbedingungen für Retail-Investments außerhalb der Fachmarkt– bzw. Lebensmittelsparte als äußerst schwierig zu bewerten sind. Dazu kommt, dass Übernahmen, Beteiligungen und große Portfolios, die essenziell für ein hohes Volumen im Retail-Investment-Segment sind, im laufenden Jahr bisher ausblieben. Viele kleinere Transaktionen, u. a. von Geschäftshäusern, machen jedoch Hoffnung, dass im weiteren Verlauf des Jahres auch wieder größere Investments vermeldet werden könnten, soweit die Entwicklung der Corona-Krise und das Angebot dies zulassen. Einen kleinen Lichtblick stellt zudem das HDE-Konsumbarometer dar, das durch die zunehmende Anschaffungsneigung von Konsumenten im April im zweiten Monat in Folge gestiegen ist“, betont Christoph Scharf.